Über dieses Blog: Was haben Musik, Tanz und Informatik gemeinsam?

Nach fast zwei Jahren ist es an der Zeit, ein wenig über die Motivation zu diesem Blog zu schreiben. Die ursprüngliche Idee war, Gemeinsamkeiten die zwischen Musik, Tanz und Informatik bestehen, herauszuarbeiten und in diesem Blog zu teilen. Gemeinsamkeiten zwischen Musik und Tanz zu finden, fällt sicher nicht schwer. Aber warum gerade Informatik? Einer der Gründe hat einen persönlichen Ursprung. Beruflich bin ich als Softwareentwickler oft am Schreibtisch. Das stundenlange Ausharren in einem sehr eingeengten Raum mit einer Bewegungsfreiheit, die schon fast an der Grenze ihrer Messbarkeit liegt, ist nur ertragbar, wenn es mit regelmäßigen Pausen durch Bewegungen ausgefüllt wird. Kleine Tanzschritte oder vielleicht ein Teil einer Choreografie die gerade im Tanzkurs läuft, Yoga-Übungen oder ein kurzes freies Spielen auf der Gitarre, tragen  immer gerne zu einer erholsamen Entspannung bei.

Soweit die persönlichen Gründe. Etwas formaler und damit sehr technisch betrachtet, kann man sie auch auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Sie können alle drei als eine Zusammensetzung einzelner Objekte aufgefasst werden, die sich in einer zeitlichen Struktur bewegen. Aus einzelnen Noten ergeben sich in der Musik zeitlich aneinandergereiht kleine Motive, die zu Phrasen zusammengefasst werden und aus denen sich musikalische Sätze zusammensetzen. Aus den einzelnen Sätzen mit den verschiedenen Instrumenten setzt sich das Stück zusammen. Im Tanz werden einzelne Bewegungen zu einer Figur. Deren sequentielle Aneinanderreihung stellt die Choreographie dar. In Computerprogrammen werden einzelne Funktionen zeitlich nacheinander abgearbeitet, welches sich als Ablauf zusammenfügt.

Um diese Abläufe zu "meistern" bedarf es zum einen technischer Voraussetzungen und ebenfalls ästhetischer Voraussetzungen. Wie wichtig gerade auch ein ästhetisches Erleben für den Benutzer von Computerprogrammen ist, wird häufig erst deutlich, wenn die Anwendung sich anders verhält als vom Benutzer erwartet wird. Eine weitere Gemeinsamkeit von Musik, Tanz und Computeranwendungen ist, dass sie in einem sinnvollen Kontext nur in einem Zeitraum begreifbar wird. Zwar können einzelne Noten zu einem bestimmten Zeitpunkt betrachtet werden, die Tänzerinnen des Balletts in ihren augenblicklichen Positionen "einfrieren" und von einem Softwaresystem der augenblickliche Zustand erfasst werden, der Gesamtzusammenhang verflüchtigt sich aber in dieser Momentaufnahme.

Zur Beschreibung von Musik-, Tanz- und Programmabläufen gibt es in allen drei Punkten die Möglichkeit der Notation. Das Notenblatt liefert den Zeitpunkt, die Dauer und die zu spielende Tonhöhe. Trotz dieser exakten Vorgaben haben die Musiker noch Spielraum für Interpretationen. Für den Tanz gibt es unterschiedliche Notationsarten. Bewegungen können als Text beschrieben werden. Dessen Vorteil ist eine leichte Verständlichkeit. Ein Nachteil ist, dass mit zunehmend präziseren Bewegungsangaben der Text sehr umfangreich wird und diese Verständlichkeit abnimmt. Hierbei helfen die stärker an Symbolen orientierten Notationssysteme wie die Benesh- und Labannotation. Möglich ist auch eine exakte Aufzeichnung aller Gelenkpositionen und der Position des Tänzers im Raum. Diese hat allerdings den Nachteil, dass sie zwar für die Wiedergabe in einer computergenerierten Szenerie detailgetreue Nachbildungen liefert, für die Tänzerinnen und Tänzer in der Umsetzung leider absolut unbrauchbar ist. Tanz in Form einzelner Gelenkpositionen zu kommunizieren, scheitert an der Tatsache, dass diese verbal nur seriell transportiert werden kann und ein Bewegungsablauf aufgrund der Vielzahl der zu kommunizierenden Parameter nicht mehr verständlich erfasst werden kann.

Abläufe in Computerprogrammen können in Diagrammen oder mit Hilfe einer Modellierungssprache, wie der Unified Modelling Language (UML) beschrieben werden. Letztere hat den Vorteil, dass sie neben der Darstellung des Systems als Diagramm auch eine Generierung des Codes ermöglicht. Grundlage hierfür ist ein Modell. Das Modell liefert eine formale Beschreibung und kann in einer Datei (im XML-Format) abgelegt werden. Der Code oder das Diagramm sind somit nur noch Metaphern des Modells. Dies hat den Vorteil, dass geschriebener Code in einem Modell generalisiert werden kann, aus dessen Ableitung sich eine Diagramm erzeugen lässt. Umgekehrt kann aus einem Diagramm Code generiert werden. Während beim Durchlesen von Code der Fokus auf dem Detail liegt, kann mit dem Diagramm der gesamte Sachverhalt dargestellt werden. Ähnlich verhält es sich mit einem Notenblatt. Es vereinfacht in übersichtlicher Weise den Blick auf das Ganze.

Auf einem Rechner gespeicherte Mididateien erfüllen eine ganz ähnliche Funktion, wie das UML-Modell. Sie können zum einen abgespielt werden und zum anderen lässt sich aus den Daten auch eine Partitur generieren. Hier kristallisiert sich ein sehr deutlicher Zusammenhang zwischen Informatik und Musik heraus. Die Erfassung von Tanz in Form von Daten ist zwar mit Hilfe von Bewegungserfassungssystemen wie Motion Capture möglich. Auch eine Wiedergabe der erfassten Daten lässt sich ohne weiteres realisieren. Ebenso ist es möglich Choreografien mit Hilfe von Computergrafiken zu verfassen. Die bei der Musik vorhandene Möglichkeit, einen formalen Ablauf (z.B. Tastendruck = Note) direkt in eine für Menschen verständliche Notation zu transformieren fehlt allerdings beim Tanz.

Dieser Suche nach Zusammenhängen und ebenso auch den Differenzen von Musik, Tanz und Informatik möchte ich diesem Blog widmen.

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